„Auch im Herbst ist diese Landschaft grün“

Entlang der niederländischen Küste liegt ein 721 km langer Fernwanderweg: het Nederlands Kustpad. Diese Strecke ist ein Teil der insgesamt 5000 km langen europäischen Küstenroute E9. Zum Glück kann man sich auch in drei Tagen bereits einen Eindruck von der Atmosphäre dieser Fernwanderungen machen. Ich bin in drei Tagen über den Kustpad von Den Helder über Callantsoog nach Den Oever gewandert.


Lesezeit: Ungefähr 20 Minuten

Tag 1: von Den Helder nach Groote Keeten

Meine dreitägige Wanderung beginnt am Bahnhof von Den Helder. Begleitet von einer Symphonie aus Stadt- und Motorenlärm wandere in den Deich hinauf, wo alle Geräusche vom Wind davongetragen werden und die Weite mich begrüßt. Die Wellen schwappen sanft auf die Basaltblöcke und am blauen Himmel über mir kreisen ein paar Möwen. De Lange Jaap, der höchste Leuchtturm Europas, reckt sich stolz vom Deich in den Himmel hinauf. 

Ein Stück weiter, hinter dem Leuchtturm liegt Fort Kijkduin, eine napoleonische Festung, die heute ein Museum und ein Meeresaquarium beherbergt. Besucher bekommen hier einen Einblick in die Geschichte der Festung und der Stadt Den Helder. In dem Museum finden sich Fossilien, aber auch vor kürzerem gefundene Weinflaschen und Krüge aus dem Jahre 1800. Maßstabsgetreue Modelle von Kriegsfahrzeugen und alte Zeitungsberichte erzählen die Kriegsgeschichte. 

Hinter der Festung beginnen die Dünen. Schottische Hochlandrinder und Konik-Pferde baden in den seichten Gewässern der Dünentäler. Der Kustpad schlängelt sich kilometerlang durch die Dünen, in denen sich unterschiedliche Gräser, Sträucher und Nadelbäume abwechseln. Hier in den Dünen könnt ihr den Winter Blues getrost vergessen, denn die Landschaft ist hier sogar im Herbst noch grün. Auf der anderen Seite der Dünen liegt ein langer, leerer Strand, auf dem ihr ganz wunderbar am Wasser entlang gehen könnt. Die Möwen gehen langsam beiseite, wenn ich vorbei komme, fliegen aber erschrocken auf als ein Hund auf den Strand gerannt kommt und begeistert in die Wellen springt.  

Tag 2: von Groote Keeten nach Van Ewijcksluis

Am zweiten Tag sehe ich nur Nebel, den Weg und Feldränder. Als ich eine Stunde unterwegs bin bricht die Sonne durch die Wolken und der Nebel zieht sich für ein paar Minuten zurück. Vor mir liegen ausgestreckte Ländereien, manche davon stehen vollständig unter Wasser. Durch das Fluten dieser Felder wird sämtliches Ungeziefer im Boden abgetötet, bevor neue Gewächse gepflanzt werden. Für Vögel sind diese flachen Wasserstellen ein Paradies voller Nahrung im Boden und mit unzähligen kleinen Lebewesen. Auf den Ländereien stehen Bauernhäuser mit pyramidenförmigen reetgedeckten Dächern. Diese Haubarge sind charakteristisch für die Provinz Noord-Holland. Die dreieckige Form der Dächer bietet viel Lagerplatz für all die Gewächse, die auf den fruchtbaren Feldern geerntet werden. 

Nachdem ich ein paar Kilometer über den Seedeich gewandert bin, gelange ich über eine Floßbrücke in das Dorf ’t Zand. Früher bestand diese Brücke aus mehreren verknüpften Holzflößen. Die mittleren Flöße wurde unter die querliegenden Flöße am Kai gezogen, um Schiffe passieren zu lassen. Die Flöße wurden inzwischen gegen stabileres Material ausgetauscht, ansonsten funktioniert die heutige Brücke aber noch genauso wie früher. 

Über den Zijperdijk wandere ich in das nächste Dorf. Links und rechts vom Deich liegen heute Ländereien, so weit das Auge reicht. Bis 1845 war die Aussicht hier ganz anders. Vor kaum zweihundert Jahren blickte man hier vom Deich aus aufs Meer hinaus und hinüber zu der Insel Wieringen. Ich wandere zwischen den Ländereien hindurch, vorbei an der 370 Jahre alten Schleuse in der Ortschaft mit dem treffenden Namen Oudesluis und durch Kleine Sluis in Anna Paulowna. In einem Straßencafé lege ich eine Pause ein, bevor ich weitere fünf Kilometer durch die weitläufige Landschaft wandere. Nach achtzehn Kilometern erreiche ich mein Hotel in Van Ewijcksluis. Mit einer leckeren Mahlzeit vor mir auf dem Tisch blicke ich aufs Wasser hinaus. Ein paar Vögel schaukeln entspannt auf dem ruhigen Wasser, während sich der Himmel nach und nach tief rosa und orange färbt. Der Neumond zeichnet sich langsam am Himmel ab und die Sterne sind in der klaren Nacht gut zu sehen. 

Tag 3: von Van Ewijcksluis nach Den Oever

Von Van Ewijcksluis aus wandere ich acht Kilometer über den Deich am Amstelmeer entlang. Links von mir befindet sich ein ausgedehntes Gewässer voller Vögel. Rechts steht eine lange Reihe von Bäumen in Herbstfarben. An der Ortschaft De Haukes kehre ich dem Amstelmeer den Rücken zu und betrete über einen Deich die Gegend die früher die Insel Wieringen war. In der vorletzten Eiszeit bildete sich hier eine Moräne, wodurch eine Insel entstand. Hier im Boden fand man Silberschätze der Wikinger aus dem neunten Jahrhundert, schon damals war Wieringen also bewohnt. Seit 1924 ist Wieringen keine Insel mehr - die Atmosphäre der Insel ist jedoch geblieben. Die Häuser sind aus hellgelben Steinen gebaut und haben reetgedeckte Dächer und kunstvolle Holzschnitzereien an den Dachrändern. Von hohen Hecken gesäumte Straßen, wie man sie aus England kennt, verbinden die Dörfer miteinander. 

In Stroe führt ein älterer Mann mit einem langen, grauen Bart sein Pferd aus. Er unterhält sich eine Weile im örtlichen Dialekt mit seinem Nachbarn, der in seinem großen blauen Overall am Straßenrand steht. Sie sprechen mich an und geben mir in rasantem Tempo eine Zusammenfassung der Geschichte. Im vergangenen Jahrhundert scheint die Zeit hier stillgestanden zu haben. Ich kann mir unschwer vorstellen, wie die beiden Männer mit ihren wettergegerbten Gesichtern und dem zerzausten Haar vor hundert Jahren hier an der Dorfstraße gestanden haben könnten. 

Die letzten Kilometer wandere ich über den Seedeich. Bei Vatrop liegt ein Naturgebiet mit salzigen Gewässern und hohen Gräsern. Bei Flut ziehen sich die Wattvögel von der anderen Seite des Deiches hierhin zurück, um auf die Ebbe zu warten. Austernfischer stochern mit ihren langen Schnäbeln im Boden nach Futter und Enten haben ihre Köpfe zum Schlafen in ihre Federn gesteckt. Auf der anderen Seite des Deiches herrscht reges Treiben. Kleine Vögel jagen am Rand des Wassers hintereinander her und Hunderte von Möwen lassen sich auf dem Meer sanft hin- und herschaukeln. Bei Den Oever kehre ich den Vögeln den Rücken zu und gehe quer über den Hafen zum Auto. Meine dreitägige Wanderung ist zu Ende. 

Das solltet ihr euch nicht entgehen lassen! - Neugierig geworden? Hier entdeckt ihr die Wanderrouten von Paulien in Noord-Holland!

Tips en andere lijstjes!

Ein paar praktische Tipps für unterwegs:

  • Kauft euch den Wanderführer ‘Nederlands kustpad deel 2’ von Wandelnet und Nivon. Darin wird diese kurze Wanderreise auf den Karten V1 bis V4 und 49 bis 49 beschrieben. So könnt ihr unterwegs immer mal nachlesen, wo die Route entlang geht, wie weit es noch ist und was es unterwegs zu sehen gibt. 
  • Euer Auto könnt ihr am Busbahnhof in Den Oever abstellen. Von dort aus könnt ihr mit dem Bus nach Den Helder fahren und dann die Wanderroute zum Auto zurückgehen. 
  • Macht unterwegs regelmäßig eine Pause und genießt die Aussicht. 
  • Am besten könnt ihr mehrere (dünne) Schichten Kleidung übereinander tragen, damit euch nicht kalt wird und ihr auch nicht zu schwitzen beginnt. In den Pausen solltet ihr alle Kleidungsstücke anziehen, damit euch nicht kalt wird. 
  • Stellt euer Handy in Flugzeugmodus und genießt drei Tage lang Ruhe offline. 
  • Ein wieder verschließbarer Tiefkühlbeutel kann unterwegs praktisch sein!

Folgendes solltet ihr auf eurer kurzen Wanderreise dabei haben:

  • Feste Wanderschuhe, die ihr gründlich eingelaufen habt.
  • Atmungsaktive Regenkleidung und eventuell Schal, Mütze und Handschuhe.
  • Genug zu essen und trinken für unterwegs.
  • Blasenpflaster und reichlich trockene Socken.
  • Ein Fernglas und vielleicht einen Vogelführer.
  • Busfahrkarte für die Reise zwischen Den Oever und Den Helder.

Stellt unterwegs euren eigenen Picknickkorb zusammen

Entlang der Strecke verkaufen viele Einheimische selbstgezüchtete oder selbstgemachte Produkte. So könnt ihr euch unterwegs eure eigene Mahlzeit zusammensuchen.

  • Auf dem Care-Bauernhof Blij Op De Boerderij werden Milchprodukte, Pflanzen und regionale Spezialitäten verkauft.
    Keinsmerweg 88a in ’t Zand
  • Bei De Hobbyroker in Oudesluis wird Fisch geräuchert und verkauft.
    Sportlaan 33 in Oudesluis
  • Bei ’T Kippenhuys gibt es Eier zu kaufen
    Oude Sluizerweg 5 in Wieringerwaard (in der Nähe von Oudesluis)
  • Kurz vor Oudesluis kommt ihr an mehreren Betrieben vorbei, die Blumenzwiebeln züchten und verkaufen.
  • Peters Piepers verkauft Kartoffeln vom eigenen Hof.
    Kneesweg 17 in Anna Paulowna
  • Bei De Wieringer Vishandel bekommt ihr frischen Fisch
    Bijldwarsstraat 4 in Hippolytushoef
  • Ein kleiner Kräutertee-Laden in Den Oever verkauft mehr als 130 Sorten Tee
    Gesterweg 4 in Den Oever
  • Viscentre ’T Wad und Harm Kay verkaufen geräucherten Aal
    Haventerrein 4 und Havenweg 12 in Den Oever

(Aufgepasst: Für manche dieser Läden müsst ihr einen kleinen Umweg von der Kustpad Route machen und manche Läden gibt es nur in bestimmten Zeiten der Saison) 

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